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Biografie

„Die Stadt der Geburt hängt dem Leben als etwas ebenso Einzigartiges an wie die Herkunft
von der leiblichen Mutter.“

Albert Einstein, 1929

ALBERT EINSTEIN IN ULM, 1879 – 1880

Der in Buchau geborene und in Ulm lebende 29jährige Kaufmann Hermann Einstein (1847-1902) heiratete am 8. August 1876 in Cannstatt die 18jährige Pauline Koch (1858-1920), Tochter eines Stuttgarter Hoflieferanten und Getreidehändlers. Zunächst wohnte Hermann Einstein mit seiner jungen Frau in Ulm, am südlichen Münsterplatz. Er war Teilhaber an einer Bettfedernhandlung, die sich in dem Haus „Zum Engländer“ am Weinhof A 90 befand, später Weinhof 19.
Ulm, eine aufstrebende Stadt, hatte zu dieser Zeit ca. 33.000 Einwohner. 2% von ihnen waren Juden. Das Ehepaar Einstein, ebenfalls jüdischer Abstammung, nahm am religiösen Leben der jüdischen Gemeinde teil. 1878/79 zogen Hermann Einstein und seine schwangere Frau innerhalb Ulms um. Die neue und größere Wohnung befand sich in die Bahnhofstraße B 135. Diese wurde 1880 in Bahnhofstraße 20 umbenannt.

1 Albert Einsteins Geburtshaus

Einsteins Geburtshaus

Über sein Geburtshaus, in der Bahnhofstraße 20 in Ulm, schrieb Einstein im April 1929 in einem Brief an Carlos Erlanger, dem Sohn des damaligen Hausbesitzers: „Zum Geborenwerden ist das Haus recht hübsch; denn bei dieser Gelegenheit hat man noch keine so großen ästhetischen Bedürfnisse, sondern man brüllt seine Lieben zunächst einmal an, ohne sich viel um Gründe und Umstände zu kümmern.“

Das Haus, erbaut 1871, wurde im Dezember 1944 bei einem der schwersten Luftangriffe auf Ulm zerstört. Einstein hatte keine besondere Beziehung zu seinem Geburtshaus. Als man ihm 1945 ein Bild seines zerstörten Geburtshauses zukommen ließ, schrieb er in einem Antwortbrief: „Die Zeit hat ihm noch erheblich ärger mitgespielt als mir.“

An einem Freitag, dem 14. März 1879, brachte Pauline Einstein in ihrer Wohnung in der Bahnhofstraße ihr erstes Kind, einen Jungen, zur Welt. Einen Tag später meldete Hermann Einstein seinen Sohn beim Standesamt in Ulm an. Der Junge erhielt den Namen Albert.

Auf Grund eines zu großen Hinterkopfes dachte die Familie zuerst an eine Missgeburt. Doch der Arzt konnte sie beruhigen und nach einigen Wochen hatte sich die Form des Kopfes normalisiert. Als Alberts Großmutter ihn zum ersten Mal sah, soll sie fortwährend gesagt haben: „Viel zu dick! Viel zu dick!“ Aber allen Befürchtungen zum Trotz, verlief die Entwicklung des jungen Albert, bis auf den Umstand das er etwas schwerfällig wirkte, normal.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse erlaubten Hermann Einstein und seiner Familie in Ulm ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben. Auf Initiative seines jüngeren Bruders Jakob, zog Hermann Einstein aber im Sommer 1880 mit seiner Frau und dem einjährigen Albert nach München. Dort hatte er die Möglichkeit bei seinem Bruder, Teilhaber der Firma Einstein & Cie zu werden. Am 21. Juni 1880 meldete sich Hermann Einstein mit seiner Familie in München polizeilich an. Damit war nach nur 15 Monaten Albert Einsteins Aufenthalt in Ulm zu Ende.
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob Einstein noch einmal seine Geburtsstadt besucht hat. Die Inhalte einiger erhaltener Briefe lassen aber den Schluss zu, dass er vermutlich 1920, auf der Durchreise, kurz in Ulm war.

Ulm und Einstein

1920, auf die Leistungen Albert Einsteins aufmerksam geworden, wollte auch Ulm den berühmten Physiker und Sohn der Stadt ehren. So wurde z.B. 1922 beschlossen, eine neu anzulegende Straße Einsteinstraße zu nennen. Diese wurde zwar im nationalsozialistischen Deutschland in Fichtestraße (Johann Gottlieb Fichte, 1762-1814, deutscher Philosoph); 1945 aber wieder in Einsteinstraße umbenannt. Zu seinem 50. Geburtstag, am 14. März 1929, erfuhr Einstein in einem Glückwunschschreiben des damaligen Bürgermeisters, dass die Stadt Ulm ihm zu Ehren eine Straße nach seinem Namen benannt hat. Mit Bezug auf die Einsteinstraße meinte Einstein in seinem Dankschreiben: „Von der nach mir benannten Strasse habe ich schon gehört. Mein tröstlicher Gedanke war, dass ich ja nicht verantwortlich sei, was darin geschieht.“
Von 1920-1929 entwickelte sich ein reger Schriftverkehr zwischen Ulm und Albert Einstein, der, unterbrochen durch die politischen Machtverhältnisse und die damit verbundenen Geschehnisse in Deutschland, erst 1949 wieder aufgenommen wurde.
1949 wollte man Einstein das Ehrenbürgerrecht der Stadt Ulm verleihen, was er aber, wegen der im nationalsozialistischen Deutschland begangenen Gräueltaten an Juden, ablehnte.

Zu Lebzeiten Einsteins, und auch nach seinem Tod im April 1955, wurden in Ulm unterschiedliche Festakte und Gedenktage zu Ehren Albert Einsteins durchgeführt.

Heute findet man in Ulm u.a. neben der schon erwähnten Einsteinstraße, ein Denkmal und eine Gedenktafel in der Bahnhofstraße. Des weiteren die Volkshochschule, deren Gebäude zu Ehren Einsteins den Namen „EinsteinHaus“ trägt. Bei der Grundsteinlegung zum „EinsteinHaus – Haus der Volkshochschule“ im Januar 1966 waren die Nobelpreisträger Max Born (1882-1970), Otto Hahn (1879-1968) und Werner Heisenberg (1901-1976) anwesend. Im 1. Obergeschoss des „EinsteinHauses“ befindet sich seit 1968, als feste Einrichtung, eine biographische Foto-Ausstellung. Hier wird in einzelnen Bildern, zusammengestellt von Professor Hans (Nick) Roericht, Albert Einsteins Leben nachgezeichnet. Informationen zur Dauerausstellung: info@vh-ulm.de

Am Sonntag, den 14. März 2004 fand in Ulm anlässlich des 125. Geburtstags Albert Einsteins ein Festakt im dortigen Congress Centrum statt. Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeister Ivo Gönner sprachen Bundespräsident Johannes Rau, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg Erwin Teufel und der Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Prof. Dr. Roland Sauerbrey. Die Festrede wurde gehalten von Dr. Albrecht Fölsing. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt durch das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm unter Leitung von James Allen Gähres.
Im März 2004 fand zu Ehren Einsteins die Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft e.V. an der Universität Ulm statt. Von März bis Mai wurde im Großen Haus des Ulmer Theaters eine Einstein-Oper aufgeführt. Als kultureller Höhepunkt des Ulmer Einstein-Jahres wurde vom 12. März bis 29. August 2004 im Stadthaus auf dem Münsterplatz eine Einstein-Ausstellung präsentiert.

Bildnachweis:
Mit freundlicher Genehmigung des Ulmer Stadtarchivs – Vorlage Stadtarchiv Ulm, G2 Einstein: Abb.1

Literaturnachweis:

Hrsg. Hans Eugen SpeckerForschungen zur Geschichte der Stadt Ulm, Band 1 Einstein und UlmUlm 1979
Hrsg. John Stachel u. a.The Collected Papers of Albert Einstein, Volume 1Princeton 1987