„Er ist nicht nur der berühmteste, sondern auch der tiefste Denker auf naturphilosophischem
Gebiet seit Helmholtz und hat in den letzten 10 Jahren dem Ansehen der deutschen
Wissenschaft mehr genützt, als irgendein anderer.“
aus dem Wahlvorschlag für Einstein zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,
4. Februar 1927
EINSTEIN UND DIE BAYERISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
Eine kurze Geschichte der Akademie
1759 wurde die Bayerische Akademie der Wissenschaften von Kurfürst Maximilian III Joseph gegründet. Der Wappenspruch der Akademie lautet „Tendit ad Aequum“ – „Sie strebt nach dem Angemessenem“. Gründungspräsident war Graf Sigmund von und zu Haimhausen. Die Gründung ist in erster Linie dem Hofrat Johann Georg Lori (1723-1787) zu verdanken, der 1758 die Bayerischen Gelehrten Gesellschaft gegründet hatte. Ursprünglich teilte sich die Akademie in zwei Klassen, eine Historische und eine Philosophische, wobei Philosophie im damaligen Wissenschaftsverständnis auch Mathematik und Physik umfasste.
Untergebracht war die Akademie seit 1783 im Wilhelminum, dem ehemaligen Kollegiengebäude des Jesuitenordens an der Neuhauser Straße in München. Im April 1944 fiel das Wilhelminum den Bomben des Zweiten Weltkrieges zum Opfer. Der Freistaat Bayern hat ihr jedoch in dem Nordostflügel der Münchner Residenz ein neues würdiges Domizil geschaffen, das im Jubiläumsjahr 1959 bezogen werden konnte.
Die Akademie hat ordentliche und korrespondierende sowie Ehrenmitglieder. Von Anfang an wählte die Akademie ihre Mitglieder ohne Ansehen von Religion und Nationalität. Dabei wurden bzw. werden Mitglieder auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes, eine Selbstbewerbung ist nicht möglich, zunächst in der zuständigen Klasse und dann noch einmal durch das Plenum, d.h. durch beide Klassen in gemeinsamer Sitzung gewählt. Stimmberechtigt sind nur ordentliche Mitglieder. Gewählt werden nur Personen die zu einer „wesentlichen Erweiterung des Wissensbestandes“ ihres Fachs beigetragen haben. Die Wahl neuer Mitglieder findet einmal jährlich statt.
Die Zahl der ordentlichen Mitglieder, die ihren Wohnsitz innerhalb des Freistaats Bayern haben müssen, ist auf 45, die der korrespondierenden Mitglieder auf 80 in jeder Klasse beschränkt. Bei der Beschränkung werden ordentliche Mitglieder, die das 70. Lebensjahr überschritten haben, allerdings nicht eingerechnet, so dass in der Regel ca. 120 ordentliche Mitglieder vorhanden sind. Verlegt ein ordentliches Mitglied seinen Wohnsitz in ein anderes Bundesland oder ins Ausland, so erhält es automatisch den Status eines korrespondierenden Mitgliedes.
Die Bayerische Akademie kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Viele angesehene und bedeutende Gelehrte waren Mitglieder der Akademie, darunter Johann Wolfgang von Goethe, die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, Justus von Liebig, Theodor Mommsen, Alexander und Wilhelm von Humboldt, Kurt Sethe, Max Planck, Otto Hahn, Albert Einstein, Max Weber, Arnold Sommerfeld, Alfred Pringsheim, Werner Heisenberg und Adolf Butenandt um nur einige Namen zu nennen. Unter ihnen finden sich viele Nobelpreisträger.
Bayerische Akademie der Wissenschaften
Albert Einstein und die Bayerische Akademie der Wissenschaften
Albert Einstein wurde am 19. Februar 1927 in der Plenarsitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse gewählt. Der Wahlvorschlag vom 4. Februar 1927 (siehe oben) stammte von dem deutschen Physiker Arnold Sommerfeld (1868-1951) und war mitunterzeichnet von weiteren sieben ordentlichen Mitgliedern der Akademie. Bei der Vorwahl in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse gab es für den Wahlvorschlag Einstein nur drei Gegenstimmen. Anders bei der entscheidenden Wahl in der Plenarsitzung bei der insgesamt acht korrespondierende Mitglieder der Klasse zur Wahl standen. Einstein wäre bei dieser Wahl beinahe durchgefallen. Die erforderliche Dreiviertelmehrheit wurde nur ganz knapp erreicht. Von den 42 anwesenden ordentlichen Mitgliedern stimmten zehn gegen ihn. Über die Gründe hierfür kann nur spekuliert werden. Vielleicht spielte Einsteins politische Haltung oder der Antisemitismus eine Rolle.
„Den Beginn der nationalsozialistischen Ära markierte in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften die Stimme Albert Einsteins. Der weltberühmte Physiker, der seit 1914 ordentliches Mitglied der Berliner und seit 1927 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie war, hatte sich zum Zeitpunkt der Machtergreifung öffentlich zur politischen Entwicklung in Deutschland geäußert und war aus der Berliner Akademie ausgetreten. Als ihn daraufhin die Vorstandschaft der Bayerischen Akademie unter dem Rechtshistoriker Prof. Dr. Leopold Wenger (1874-1953) als Präsident um eine persönliche Stellungnahme bat, antwortete Einstein am 21. April 1933 aus dem belgischen Ferienort Le Coq-sur-Mer, die Gründe für sein Ausscheiden aus der Preußischen Akademie würden „an und für sich“ eine Lösung seiner Beziehungen zur Bayerischen Akademie nicht bedingen. Dennoch wünsche er, aus der Mitgliederliste gestrichen zu werden. Auch die Gelehrtengesellschaft Leopoldina in Halle a. d. Saale hatte Einstein bereits Anfang 1933 ausgeschlossen.
Als die Akademie nach dem Ende des Weltkriegs durch den Mathematiker und Physiker Arnold Sommerfeld (1868-1951) wieder Kontakt zu Einstein suchte, der inzwischen in den USA lebte und lehrte, wollte dieser ’nichts mehr mit Deutschen zu tun haben, auch nichts mit einer relativ harmlosen Akademie‘.“
Brief der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an Albert Einstein:
„München, den 8. April 1933
Euer Hochwohlgeboren!
Sie haben in Ihrem Schreiben an die Preußische Akademie der Wissenschaften Ihren Austritt mit den in Deutschland gegenwärtig herrschenden Zuständen motiviert. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften, die Sie vor einigen Jahren zum korrespondierenden Mitglied gewählt hat, ist ebenfalls eine deutsche Akademie, mit der Preußischen und den sonstigen Akademien in enger Solidarität verbunden, so daß Ihre Trennung von der Preußischen Akademie der Wissenschaften nicht ohne Einfluß auf Ihre Beziehungen zu unserer Akademie bleiben kann.
Wir müssen Sie daher fragen, wie Sie nach dem, was zwischen Ihnen und der Preußischen Akademie vorgegangen ist, das Verhältnis zu unserer auffassen?
Das Präsidium der Bayerischen Akademie
der Wissenschaften“
Einsteins Antwort:
„Le Coc-sur-Mer, den 21. April 1933
Ich habe den Rücktritt von meiner Stellung an der Preußischen Akademie damit begründet, daß ich unter den obwaltenden Umständen weder deutscher Bürger sein noch in einer Art Abhängigkeitsverhältnis zu dem preußischen Unterrichtsministerium stehen wolle.
Diese Gründe würden an und für sich eine Lösung meiner Beziehungen zur Bayerischen Akademie nicht bedingen. Wenn ich trotzdem wünsche, daß mein Name aus der Liste der Mitglieder gestrichen wird, so hat dies einen anderen Grund: Akademien haben in erster Linie die Aufgabe, das wissenschaftliche Leben eines Landes zu fördern und zu schützen. Die deutschen gelehrten Gesellschaften haben aber – soviel mir bekannt ist – es schweigend hingenommen, daß ein nicht unerheblicher Teil der deutschen Gelehrten und Studenten sowie der auf Grund einer akademischen Ausbildung Berufstätigen ihrer Arbeitsmöglichkeit und ihres Lebensunterhaltes in Deutschland beraubt wird. Einer Gesellschaft, die – wenn auch unter äußerem Druck – eine solche Haltung einnimmt, möchte ich nicht angehören.“
Literaturnachweis:
Albert Einstein | Mein Weltbild | Frankfurt am Main 1984 |
Hrsg. Armin Hermann | Albert Einstein / Arnold Sommerfeld BRIEFWECHSEL | Basel 1968 |
Reinhard Heydenreuter, Sylvia Krauss | Helle Köpfe – Die Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1759 – 2009 | München 2009 |
Monika Stoermer | Albert Einstein und die Bayerische Akademie der Wissenschaften | München 2005 |